Cannabisgesetz im Bundesrat: Stopp des Gesetzgebungsvorhabens dringend erforderlich

Am Freitag, den 22. März 2024, berät der Bundesrat das vom Bundestag am 23. Februar 2024 verabschiedete „Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiter Vorschriften“ (Cannabisgesetz).

Nach der sog. Amnestieregelung des Cannabis-Gesetzes sollen der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis oder der Anbau von bis zu drei Pflanzen nicht nur zukünftig, sondern auch rückwirkend straffrei sein. Eine Übergangsregelung ist nicht vorgesehen.

Der Richterbund Hessen plädiert nachdrücklich für eine Änderung des Gesetzes, insbesondere der Amnestieregelung.

Der zum 1. April 2024 geplante rückwirkende Straferlass bei Cannabis-Delikten wird zu erheblich größeren und komplizierteren Fallaufkommen führen, die gerade nicht standardisiert zu bearbeiten sind. Allein in Hessen muss nach einer Umfrage der Deutschen Richterzeitung mit der Überprüfung von 34.000 Altfällen gerechnet werden. Für die hessischen Staatsanwaltschaften heißt das konkret, dass sie alle Strafakten mit Bezug zum Betäubungsmittelgesetz händisch darauf überprüfen müssen, ob die betroffenen Sachverhalte nach der neuen Rechtslage straflos wären. Der Umgang mit laufenden Strafvollstreckungen bleibt im Gesetz jedoch gänzlich ungeregelt. So gehen Cannabis-Delikte z.B. regelmäßig mit anderen Betäubungsmittelverstößen und weiteren Straftaten einher, die weiterhin strafbar bleiben. In der vom Gesetz verkannten Praxis würde die geplante Rückwirkung daher regelmäßig mit arbeitsintensiven Fragestellungen einhergehen, wie z.B. der Auflösung von Gesamtstrafen und Haftentschädigungsansprüchen. Auch aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauens in den Rechtsstaat erscheint es problematisch, Rechtsverstöße, die unter Strafe standen, nachträglich zu legalisieren und Entschädigungszahlen aus Steuermitteln zu leisten.

Überdies wird trotz wiederholter fachkundiger Stellungnahme verkannt, dass die den Anlass des Gesetzes bildende Absicht der Legalisierung von Eigenbesitz und Konsum “kleiner“ Mengen Cannabis nicht zur angenommenen erheblichen Entlastung der Strafverfolgungsbehörden führen wird – im Gegenteil: Ermittlungs- und Bearbeitungssaufwand in diesen einfach gelagerten Fällen sind auch nach bisheriger Rechtslage in der Regel überschaubar.

Kommt das Cannabisgesetz trotz der erheblichen Einwände in der durch den Bundestag am 23. Februar 2024 verabschiedeten Fassung, ist auch in Hessen mit einer folgenschweren Überlastung der ohnehin stark belasteten Strafverfolgungsbehörden und Gerichte zu rechnen, wodurch ernsthaft zu befürchten steht, dass diese ihren sonstigen Aufgaben der Strafrechtspflege nicht mehr sachgerecht nachkommen können. Dies stellt eine signifikante Gefahr für unseren Rechtsstaat dar. Der Richterbund Hessen plädiert daher dafür, dass der Bundesrat das Gesetz am 22. März 2024 stoppt und den Vermittlungsausschuss anruft.